Beschlossen am 25.04.2023 auf der Kreismitgliederversammlung
Als Grüne Jugend Göttingen sind wir inhaltlich unabhängig von Bündnis 90/ Die Grünen. Wir sind uns aber unserer besonderen Verantwortung als Jugendorganisation bewusst und begleiten die Arbeit der Partei kritisch. Wir nutzen unseren Einfluss, um auch innerhalb der Partei Veränderungen anzustoßen und scheuen nicht unseren Standpunkt deutlich zu machen! In unserer Arbeitsweise spielt Bündnisbildung mit anderen linken Jugendorganisationen eine besondere Rolle. Wir haben den Anspruch unsere politischen Forderungen durch linke Mehrheiten und die Mobilisierung der arbeitenden Bevölkerung zu erreichen. Unsere wöchentlichen Plena sind für alle Menschen offen und es soll keine Hürden geben, um sich zu beteiligen, sofern die Menschen sich mit unseren Werten identifizieren. Aus organisatorischen Gründen haben wir einen Vorstand, die Entscheidungen werden aber im Plenum getroffen und wir bemühen uns keine Hierarchien aufkommen zu lassen. Um stereotypem Redeverhalten entgegenzuwirken, achten wir auf eine 50%ige FLINTA-Quotierung bei Wahlen und Redebeiträgen. Im Folgenden positionieren wir uns zu den wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Themengebieten. Hierbei handelt es sich um grundlegende Positionen und nicht um eine reine Nennung der notwendigen Maßnahmen. Uns ist bewusst, dass zu jedem Themengebiet noch viel mehr zu ergänzen wäre. Wir möchten uns und unseren linken Verbündeten mit diesem Selbstverständnis eine nachvollziehbare Erklärung für unser vergangenes und kommendes politisches Handeln liefern. Dieses Selbstverständnis wird nie gänzlich alle Probleme der Welt beleuchten können, allerdings freuen wir uns über Veränderungen und Ergänzungen in einem permanent fortlaufenden basisdemokratischen Prozess.
Umwelt-, Klima- und Mobilitätsgerechtigkeit
Wir setzen uns für globale Klimagerechtigkeit und die Unterstützung der am stärksten von der Klimakrise betroffenen Regionen und Menschen ein. Dazu gehört auch die Forderung nacheinem Schuldenerlass für Länder des globalen Südens, damit diese eine gerechte Energiewende finanzieren können. Wir fordern ein Ende der Ausbeutung von Menschen, Tieren, Natur und unseres Planeten! Dabei setzen wir klar auf System- und Kapitalismuskritik, anstatt individu eller Konsumkritik. Wir brauchen einen schnellstmöglichen Ausstieg aus fossilen Energien und der Massentierhal tung und eine deutliche Verminderung der Flächenversiegelung. Den öffentlichen Raum müssen wir neu denken und grüne Freiräume in der Stadt schaffen. Viele Menschen sind weiterhin gegen ihren Willen auf ihr eigenes Auto angewiesen, obwohl der motorisierte Individualverkehr zugunsten von Rad- und Fußverkehr, sowie ÖPNV und Sharing-Angeboten deutlich reduziert werden muss. Deshalb fordern wir eine Mobilitätsgarantie, das bedeutet kostenlose und flexible Mobilitätsangebote. Nur so können wir eine klimagerechte Mobilität für Alle schaffen. Neue Autobahnen hingegen sind absolut überholt und führen in die verkehrte Richtung.
Arbeit und soziale Gerechtigkeit
Die Grüne Jugend Göttingen setzt sich für eine ausbeutungsfreie Arbeit und faire Arbeitsbedingungen, sowie gerechten Lohn ein. Außerdem dürfen die Interessen der Arbeiter*innen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es kann nicht sein, dass beispielsweise die prekären und menschenverachtenden Arbeitsverhältnisse von Menschen in der thailändischen Textilindustrie durch das geringe Einkommen von benachteiligten Menschen hier vor Ort gerechtfertigt werden. Arbeitskämpfe und eine ausbeutungsfreie Gesellschaft dürfen nicht nur national gedacht werden, sondern müssen durch internationale Solidarität umgesetzt werden. Wir unterstützen alle Arbeitskämpfe, welche für faire Löhne und ausbeutungsfreie Arbeitsbedingungen streiten und sprechen diesen unsere Solidarität aus. Wir fordern zudem ein soziales Sicherungssystem, welches ein Leben in Würde garantiert und der arbeitenden Klasse Verhandlungsmacht gibt, um nicht mehr im Niedriglohnsektor ausgebeutet zu werden. Wir haben den Anspruch, dass sich diese Form einer Gesellschaft nicht auf nationale Grenzen begrenzt, sondern darüber hinaus umgesetzt wird. Unabhängig von der finanziellen Lage muss das Grundrecht auf Wohnen, Gesundheit und Mobilität für alle Menschen umgesetzt werden.
Demokratie und Antifaschismus
Wir stehen für die Verteidigung einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Dazu gehören der Kampf gegen rechte Netzwerke und rassistische Strukturen in Sicherheitsbehörden sowie ein kontinuierliches Hinterfragen des Status Quo. Als Grüne Jugend setzen wir uns gegen Hass und Hetze und gegen menschenfeindliche Ideologien ein. Hierzu bedarf es Solidarität mit Betroffenen von Diskriminierung und aktiven Antirassismus. Grundlegend ist für uns die Würde aller Menschen zu schützen. Ein solidarisches Europa braucht offene Grenzen und die Freiheit insbesondere geflüchteter Menschen, ihren Wohn- und Arbeitsort zu wählen. Eine echte Beteiligung aller an der Demokratie muss unabhängig von Alter und Staatsangehörigkeit möglich werden. Hierzu sind eine Absenkung des Wahlalters und ein besonderer Fokus auf die Rechte und Interessen von Kindern nötig. Wir stehen klar ein für Antifaschismus und das bedeutet für uns auch, dass wir den Kapitalismus als Wirtschaftsform, die den Faschismus begünstigt, ablehnen.
Bildungsgerechtigkeit
Wir sind davon überzeugt, dass Bildung eine Voraussetzung für persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung ist und ein gutes gesamtgesellschaftliches Zusammenleben fördert. Für eine gleichberechtigte Gesellschaft ist also Chancengleichheit und das Recht auf Bildung für alle essenziell! Jedoch ist dies in unserem kapitalistischen System nicht gegeben. Stattdessen ist der Werdegang vieler vorherbestimmt und abhängig vom sozialen / familiären Hintergrund sowie insbesondere von finanziellen Mitteln.Das ebenso durch den Kapitalismus angefeuerte Leistungsprinzip sehen wir als Problem. Zu vielen Menschen geht es in unserem Bildungssystem schlecht, weil sie sich nicht wertgeschätzt fühlen und stattdessen unter hohen Druck gesetzt werden, was vor allem bei Kindern sehr gefährlich werden kann. Hier ist eine engere, individuellere Betreuung gefordert, z.B. durch kleinere Lerngruppen und eine bessere Besetzung der Institutionen mit Sozialpädagog*innen. Außerdem wäre eine Reduktion der Lehrpläne auf das Nötigste sinnvoll, wodurch mehr Raum für aktuelle Themen und vor allem Eigeninitiative der Lernenden entstünde. Bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und eigener (Fort-)Bildung fordern wir flexiblere Studien-Möglichkeiten, die zum Beispiel auch parallellaufende, private Care-Arbeit zulassen. Außerdem braucht es eine Kitaplatz- und Ganztagsbetreuungsgarantie. Darüber hinaus ist es höchste Zeit für eine Ausbildungsplatzgarantie!
Queerfeminismus
Feminismus bedeutet für uns den Abbau stereotypischer Rollenbilder und damit verbundener Zwänge Care-Arbeit ist zum Beispiel nicht nur die Arbeit weiblich gelesener Personen! Wir fordern eine echte wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter, körperliche Selbstbestimmung und ein Ende geschlechtsspezifischer Gewalt. Dazu ist der Zugang zu guter Gesundheitsversorgung für trans*-Personen und der zu sicherer Verhütung und Abtreibungen dringend nötig. Auch nötig ist es, anzuerkennen, dass Femizide keine einfachen Beziehungstaten sind, sondern dass sie direkt durch patriarchale Strukturen und Vorstellungen bedingt werden. Eine Einordnung nach Geschlechtern ist aktuell in einigen Bereichen ein nützliches Mittel, um geschlechtsbezogene gesellschaftliche oder materielle Ungleichheiten aufzuzeigen und zu überwinden. Allgemein lehnen wir das binäre Geschlechtersystem aber ab, da es weder die gesellschaftliche noch die biologische Realität widerspiegelt. Wir streben eine Dekonstruktion des sozialen Geschlechts (Gender) an.Abhängig von der Geschlechtsidentität leiden Menschen auf verschiedene Arten und unterschiedlich stark unter dem Patriarchat, eine Überwindung des Patriarchats ist aber für uns alle nötig! Wir wollen gezielt Räume schaffen für die aktive Beteiligung weiblich gelesener Personen, denen gesellschaftlich oft Passivität und Zurückhaltung anerzogen wird. Wir stellen uns entschieden gegen Queerfeindlichkeit in jeder Ausprägung!
Wirtschaft und Antikapitalismus
Wir leben in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, welches nur durch fortwährend steigenden Ressourcenverbrauch funktioniert. Weiteres Kernelement des Kapitalismus ist die Bereicherung einer wohlhabenden Minderheit und die skrupellose Ausbeutung der arbeitenden Klasse, welche zwar in der Mehrheit ist, aber kaum Eigentum und somit auch weniger Macht besitzt. Von dieser Ausbeutung sind besonders migrantisierte Menschen betroffen, welche durch kapitalistische und rassistische Strukturen benachteiligt werden. Wir als Grüne Jugend stellen uns entschieden gegen diese Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur, das permanente Profitmaximieren und das ständige Wachstum auf einem endlichen Planeten. Der Kapitalismus ist nicht mit Klimaschutz und Sozialer Gerechtigkeit vereinbar. Daher wollen wir ihn durch ein Wirtschaftssystem ersetzen, welches den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird und demokratisch organisiert ist. Dafür müssen Unternehmen vergesellschaftet werden und grundlegende Güter wie Wohnraum, Wasser, Energie, Gesundheit und Mobilität in öffentliche Hand zurückgeführt und demokratisiert werden. Nur so und durch das Zusammendenken von Klimaschutz und Sozialer Gerechtigkeit, können wir allen Menschen eine ausbeutungsfreie und umweltfreundliche Lebensweise ermöglichen.
Kulturelle Teilhabe, Vielfalt und Inklusion
Alle Menschen haben das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, deshalb setzen wir uns für Barrierefreiheit und eine Inklusionsgarantie ein! Hier zeigt sich, dass wir eine Gesellschaft benötigen, die sich nach dem Allgemeinwohl richtet und Minderheiten inkludiert, schützt und fördert.Jugendund andere Subkulturen sollten nicht unter reaktionären Repressionen und Vorurteilen leiden, sondern aktiv gefördert werden. Wir stellen uns entschieden gegen die Idee von einer deutschen Leitkultur und streben eine multikulturelle Gesellschaft an, in der Raum für Gegenkulturen und Subkulturen ist. Die Teilnahme an niedrigschwelligen und finanziell tragbaren Freizeitund Kulturangeboten z.B. in Sportoder Musikvereinen sollte allen Menschen gleichermaßen möglich sein und dadurch das Finden eines sozialen Umfeldes und der eigenen Persönlichkeit erleichtern. Außerdem muss es mehr konsumfreie Begegnungsorte geben! Alle kulturellen Angebote sollten auch unabhängig von Professionalisierung gefördert werden.
Wohnen
Wohnen ist ein Menschenrecht und muss daher für Alle ermöglicht werden! Wir verurteilen das Profitstreben von privaten Wohnkonzernen und das Ausnutzen der Mieter*innen. Die Vergesellschaftung von privaten Wohnkonzernen ist ein sinnvolles Instrument, um den Ungerechtigkeiten in diesem Bereich zu begegnen. Nieder mit den Miethaien! Sozialer Wohnraum ist auszubauen und darf nicht mehr auslaufen. Darüber hinaus ist es aber wichtig, die Mieten generell zu senken. Das Spekulieren mit leerstehenden Gebäuden muss strenger geahndet werden. Sanierung, Umbau und Aufstockung müssen Vorrang vor Abriss und Neubau haben. Zudem muss innerhalb der Städte stärker nachverdichtet als neues Land versiegelt werden. Bei Bauvorhaben muss so weit wie möglich auf recycelte Materialien zurückgegriffen werden und der möglichst autonome Betrieb der Gebäude auf Basis erneuerbarer Energien ist essenziell. Bei Neubau soll der Fokus auf effiziente Flächennutzung und soziale Durchmischung von Quartieren gelegt werden. Einer Gentrifizierung muss durch den Erhalt von Flächen und Gebäuden in kommunalem oder gesellschaftlichem Eigentum entgegengewirkt werden!